Campus Premium Dermagnostix im Gespräch mit "Deutsche Dermatologie"

Start-ups

Prof. Natalie Garzorz-Stark über unklare Fälle von Psoriasis oder Ekzem, automatisierte Diagnosen und betriebswirtschaftliche Herausforderungen.

BVDD

DD: Frau Garzorz-Stark, Dermagnostix hat bereits dreimal am Digi Derma Start-up Café des BVDD teilgenommen. Trotzdem ganz kurz, was macht Ihr Unternehmen?

Garzorz-Stark: Dermagnostix ist ein 2021 gegründetes Universitäts-Spin-off, das neuartige molekulardiagnostische Tests für ungedeckte klinische Bedarfe in der Dermatologie entwickelt und vermarktet. Hierzu haben wir ein einfach zu bedienendes, tragbares molekulares Diagnosesystem entwickelt, das Dermatologen dabei hilft, die klinische Entscheidungsfindung zu verbessern, indem es objektive und präzise Informationen über die individuelle molekulare Signatur der Patientinnen und Patienten liefert. Das Dermagnostix-System besteht aus zwei Hauptkomponenten: dem LabDisk-Analyzer und den LabDisks. Die LabDisk ist eine Testkartusche, auf der sämtliche Reagenzien für die molekulare Testung vorgelagert sind. Der Anwender benötigt lediglich eine Hautprobe – eine in Formalin fixierte und in Paraffin eingebettete Stanzbiopsie und zukünftig auch eine mittels Tapestrip gewonnene Hautprobe, welche in das Probe-Eingabefach der LabDisk eingelegt wird. Danach führt man die LabDisk in den LabDisk-Analyzer ein, in dem dann die eigentliche Prozessierung und Analyse vollautomatisiert stattfindet.

DD: Wie kam es zu der Idee, die traditionelle Diagnose in der Dermatologie auf diese Art zu revolutionieren?

Garzorz-Stark: Die Dermagnostix-Reise begann eigentlich bereits während meiner Zeit als forschende Dermatologin an der Technischen Universität München, wo wir mit einigen Publikationen zu Genexpressionsprofilen von Psoriasis und Ekzemen die wissenschaftliche Basis für unseren ersten Test zur Unterscheidung von Psoriasis und Ekzemen, den PsorX-Test, gelegt haben. Dabei konnten wir aufzeigen, dass es auf Genexpressionsebene sowohl Überschneidungen als auch Unterschiede zwischen diesen beiden Hautkrankheiten gibt. Anhand der spezifischen Genexpressionsmuster der jeweiligen Erkrankungen haben wir zwei Gene identifiziert, die es uns ermöglichten, auch in schwierigen diagnostischen Fällen eine klare Abgrenzung zwischen Psoriasis und Ekzemen zu treffen, die sich nicht selten klinisch und histopathologisch überlappen. Nach der Publikation erreichten uns immer häufiger Anfragen von Kliniken und Praxen, die PsorX bei unklaren Fällen anwenden wollten. Dabei wurde uns schnell bewusst, dass der Prozess der manuellen PCR langfristig zu aufwendig sein würde und sowohl viel Zeit als auch Platz und Ressourcen erfordern würde, was eine breite Anwendung in der Routinediagnostik erschweren würde. Daraufhin begannen wir eine Zusammenarbeit mit Hahn-Schickard, einem Spezialisten für Mikrofluidik-Systeme in Freiburg, um den PsorX-Test zu automatisieren. So haben wir eine Lösung geschaffen, eine erste relevante diagnostische Unsicherheit in der Dermatologie zu beseitigen und den Patienten eine gezielte und erfolgversprechende Therapie zu ermöglichen.

DD: Von der Idee zur Umsetzung ist es mitunter ein weiter Weg. Als Dermatologin ist man ja eher in Richtung Patientenversorgung orientiert und weniger als Unternehmensgründerin. Wie schafft man das?

Garzorz-Stark: Was sich zunächst recht einfach anhören mag, war tatsächlich ein langer Weg, insbesondere die zahlreichen betriebswirtschaftlichen und regulatorischen Herausforderungen zu meistern und wissenschaftliche Erkenntnisse in ein Produkt zu überführen. Parallel zu meiner Arbeit habe ich einen berufsbegleitenden Master of Business Administration (MBA) absolviert. In diesem Studium habe ich mir zwar betriebswirtschaftliches Basiswissen angeeignet und auch der erste Businessplan der Dermagnostix ist in diesem Zusammenhang entstanden. Unternehmertum bleibt dennoch, gerade für Kliniker mit eher einseitiger Erfahrung in der Patientenversorgung, eine Learning-by-Doing-Erfahrung.

DD: Zurück zum PsorX-LabDisk-Test. Für welche Indikationen eignet sich das Testverfahren?

Garzorz-Stark: Die PsorX-LabDisk wurde für die Differenzialdiagnose von Psoriasis und Ekzemen entwickelt. Da sich diese zwei Krankheitsbilder sowohl klinisch als auch histologisch häufig überlappen, dient unser Test dazu, die Differenzialdiagnose zu unterstützen. Dabei wird die Genexpression der zwei Biomarker NOS2 und CLL27 sowie zweier Referenzgene gemessen und daraus die Wahrscheinlichkeit errechnet, ob es sich um Psoriasis oder Ekzem handelt. Der Lab-Disk-Analyzer zeigt am Ende der Analyse das jeweilige Testergebnis auf dem Display an, das zusätzlich über die Dermagnostix- Cloud ganz einfach in den Arztbericht kopiert werden kann.

DD: Und wie sieht der Einsatz des Gerätes konkret im Praxisalltag aus?

Garzorz-Stark: Aktuell ist das Dermagnostix-System in Dermatopathologielaboren im Einsatz. In klinisch unklaren Fällen von Psoriasis oder Ekzem entnimmt der Dermatologe oder die Dermatologin eine Stanzbiopsie zur weiteren histopathologischen Abklärung. Häufig sind klinisch unklare Fälle auch histopathologisch unklar. Das Labor kann in diesen Fällen und um die Diagnose abzusichern zusätzlich zur Routineuntersuchung PsorX-LabDisk anwenden. Hierzu müssen lediglich drei Schnitte eines in Formalin fixierten und in Paraffin eingebetteten Gewebeblocks, die ohnehin für die histologische Routineuntersuchung hergestellt wurden, in die LabDisk eingelegt werden. Gerade in Laboren mit hohem Durchsatz stehen die Ärzte unter hohem Druck, möglichst schnell die korrekte Diagnose zu stellen. Mit unserem Test ermöglichen wir ihnen, in schwierigen Fällen eine objektive und präzise Diagnose zu stellen und subjektivem Einflüsse außen vor zu lassen.

DD: Können Sie abschätzen, wie schnell sich die Anschaffung amortisiert hat?

Garzorz-Stark: Das hängt natürlich ganz vom Labordurchsatz ab. In den allermeisten Fällen können wir jedoch attraktive Kauf oder Leasing-Modelle anbieten. Beim Blick auf den Praxisalltag stellt sich immer auch die Frage nach der Vergütung.

DD: Was ist bei diesem Thema geplant?

Garzorz-Stark: Bislang ist PsorX-LabDisk noch eine Selbstzahler- beziehungsweise private Leistung. Unsere Bemühungen zielen auf Selektivverträge mit einzelnen Kassen, aber auch die Initiierung und Finalisierung zahlreicher prospektiver Studien zur Leistungsbewertung ab, um PsorX in die allgemeine Erstattung zu bringen. Weitere Ansätze verfolgen wir mit pharmazeutischen Firmen, da eine korrekte Diagnose und Stratifizierung von Patienten vor Einschluss in klinische Studien die Therapieansprechraten erhöhen werden.

DD: Dermagnostix ist neben den Teilnahmen am Digi Derma Start-up Café inzwischen auch Premiummitglied beim BVDD-Digi Derma Campus. Was erhoffen Sie sich vom Berufsverband?

Garzorz-Stark: Der BVDD ist für uns ein wichtiger Netzwerkpartner innerhalb der Dermatologie. Durch Veranstaltungen wie das Digi Derma Start-up Café oder auch die DermChange in diesem Jahr haben wir die Möglichkeit, uns unter den Dermatologen Sichtbarkeit zu verschaffen. Dank unserer Premiummitgliedschaft konnten wir in diesem Jahr mit einer Umfrage zudem auch wichtige Markteinblicke bezüglich der Nutzung von Molekulardiagnostik in der Dermatologie und den Bedarf an molekularen Lösungen für verschiedene Hautkrankheiten gewinnen. Gleichzeitig ist auch der Austausch unter den Start-ups eine große Bereicherung für uns. Durch die regelmäßigen Treffen, sowohl persönlich als auch virtuell, findet wichtiger Erfahrungsaustausch statt und es ist immer wieder toll zu erleben, wie sich die Start-ups untereinander unterstützen.

DD: Welche weiteren Entwicklungsschritte hat Dermagnostix für die Zukunft geplant?

Garzorz-Stark: Unsere Produktpipeline ist bereits gut gefüllt mit neuen Entwicklungen. Derzeit in der Validierung ist unser Test zur Unterscheidung von Mycosis fungoides und benigner Inflammation. Außerdem planen wir ein Produkt zur Stratifizierung von Patienten mit entzündlichen Hauterkrankungen gemäß molekularer Muster. Am spannendsten für niedergelassene Dermatologinnen und Dermatologen wird die PsorX 2.0 für die Differenzialdiagnose Psoriasis versus Ekzem versus Tinea am Point-of-Care mittels minimal invasiver Probennahme sein.

DD: Vielen Dank für das Gespräch.

wh/bvdd